Benachteiligung von Begünstigten
Die Gesetzesänderungen berühren leider nicht den Kern der Probleme des Treuhändergesetzes. Begünstigte von liechtensteinischen Trusts (Treuhänderschaften) werden nach wie vor maßgeblich grob benachteiligt. Die Rechtsstellung von Ermessensbegünstigten muss – ähnlich wie bei der Stiftung – massiv verbessert werden.
Es wird ihnen nämlich
- keine Parteistellung in gerichtlichen Aufsichtsverfahren,
- keine gerichtlich durchsetzbaren Informationsrechte und
- keine Parteistellung in Strafverfahren gegen Treuhänder eingeräumt.
Das Ganze läuft – auch nach dem neuen Gesetz – auf ein Multiorganversagen bei der „trust governance“ hinaus. Mehr Kontrolldefizit bzw. Kontrollverlust ist kaum denkbar. Ausländische Experten können auch weiterhin nur den Kopf schütteln. Mit „trust“ im englischen Sinne hat das in Liechtenstein vorliegende System nach wie vor nichts zu tun.
Notwendige Verbesserungsmaßnahmen
Informationspflicht
Die Rechtsstellung von Begünstigten muss massiv verbessert werden. Sie brauchen dringend Parteistellung, um ein Mindestmaß an Transparenz zu sichern. Es sollte eingeführt werden, dass Treuhänder aktiv Begünstigte informieren müssen. Es besteht sonst die Gefahr von nachrichtenlosen Konten und Vermögen.
Whistleblower-Regelung
Whistleblower sind Insider in Unternehmen, die potentiell kriminelle Handlungen dieser Unternehmen publik machen. Viele fragwürdige Praktiken wären ohne Whistleblower unentdeckt geblieben. Sie müssen sich straffrei Behörden und Gerichten anvertrauen dürfen, um damit Straftaten oder Missstände aufzudecken. In Liechtenstein wird eine große Kronzeugenregelung, wie sie z.B. in Österreich (§209a ff StPO) existiert, dringend benötigt.
Verpflichtende Vertrauensschadenversicherung/Exzedentenversicherung
Die meisten Opfer von Verbrechen von Treuhändern der vergangenen Jahre gehen finanziell völlig leer aus. Die untreuen Treuhänder wandern zwar ins Gefängnis, sie melden aber Konkurs an und haben kein Geld, um ihren geprellten Kunden den Schaden zu ersetzen. Aufgrund des Vorsatzes steigen die meisten Haftpflichtversicherungen aus; die aktuelle gesetzliche Mindestversicherung von CHF 1 Mio. reicht in den meisten Fällen bei weitem sowieso nicht aus. Niemand springt hier ein, auch der Staat nicht. Das kann nur eine Vertrauensschadenversicherung bzw. Exzedentenversicherung ausgleichen, wie sie auch andere Berufsgruppen – zB österreichische Rechtsanwaltskammern – vorschreiben und verbindlich vorsehen. Erst dann kann man von wirksamem Kundenschutz sprechen.
Parteistellung für Opfer im Strafverfahren
Da Opfer und ihre Anwälte bei der Verbrechensbekämpfung und -aufklärung sehr wichtige Beiträge leisten, müsste ihnen durch Gesetzesänderung zwingend eine Parteistellung im Strafverfahren zugewiesen werden. Ansonsten bleibt die neue Aufsicht ein Papiertiger und „Window Dressing“, um die Regierung gut dastehen zu lassen.
Gesetzesnovelle 2020
In der Landtagsitzung vom März 2020 wurde der Antrag über die Abänderung des Treuhändergesetzes im Traktandum 17 mit 19 Ja – Stimmen angenommen und per Beschluss verabschiedet. Dieses Gesetz tritt unter Vorbehalt[1] und des ungenutzten Ablaufs der Referendumsfrist am 1. Juli 2020 in Kraft, andernfalls am Tag nach der Kundmachung.[2]
Die Änderung sieht eine Kompetenzverschiebung der Kontrollmechanismen von der Standeskommission der Liechtensteiner Treuhänder zu der FMA vor. Die Liechtensteinische Treuhandkammer zeigt sich zwar mit dem verschärften Treuhändergesetz größtenteils einverstanden, doch folgende Punkte versuchte sie vergeblich zu bekämpfen:
- Prüfung der Geschäftsberichte durch die FMA
- Prüfung von Interessenskonflikten durch die FMA
- Risikomanagement durch die FMA
Ad Punkt i.: Insofern ist neu in Art. 61b Abs. 3 vorgesehen, dass der Wirtschaftsprüfer bzw. die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die geprüfte Jahresrechnung gemeinsam mit dem Prüfbericht bei der FMA einzureichen hat.[3]
Ad. Punkt ii. und iii.: Diese beiden Punkte wurden bisher von der Standeskommission geregelt. In den Augen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein war die Standeskommission dieser Aufgabe nicht gewachsen und sie sprach sogar von einer „nicht wahrnehmbaren Effektivität“.[4]
Der Landtag setzte diese Wünsche der Treuhänder nicht um und verwarf deren Einwände. Diese Punkte bringen definitiv eine Verbesserung der Situation. Doch im Kern bleibt eine ganze Reihe schwerwiegender Defizite und Probleme von der Novelle völlig unberührt. Dass die Treuhänderkammer abseits der o.a. Punkte mit dem Entwurf trotzdem einverstanden war, kommt nach Studium des Gesetzes nicht unerwartet.
Die durch die in der Einleitung ausgeführten Negativbeispiele unter Druck geratene Regierung war zum Handeln aufgefordert weiteren Reputationsschaden von dem Liechtensteiner Finanzplatz abzuhalten[5] und das Treuhändergesetz zu reformieren. Es soll der Eindruck vermittelt werden, dass die Regierung auf „glaubwürdige Missbrauchsbekämpfung“ und einen „wirksamen Kundenschutz“ abziele.
Doch dabei ähnelt das Gesetz eher einem Potemkinschen Dorf – große gut klingende Wörter, aber ohne ernstzunehmender Bedeutung dahinter. Neue Bestimmungen wie „interne Kontrolle“ (Art 22b) oder „Risikomanagements“ (Art 22c) fanden Einzug.
Doch wenn man sich den Gesetzestext genauer durchliest, wird schnell klar, dass es sich um Trivialitäten handelt. Der eingebaute Vorbehalt – Art. 21a Abs. 1 Bst. b, Art. 21b und Art. 22a bis 22c treten erst mit 01.01.2021 in Kraft – bestärkt ebenso den Vorwurf des „Window Dressing“.
[1] Vorbehalt betrifft Art. 21a Abs. 1 Bst. b, Art. 21b und Art. 22a bis 22c; diese Bestimmungen treten am 01.01.2021 in Kraft
[2] https://www.llv.li/files/srk/rd19_270_ref-trhg.pdf Stand 12.03.2020
[3] Stellungnahme der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein, BuA-Nr. 6/2020, Kap I Punkt 3
[4] vgl. https://www.vaterland.li/liechtenstein/wirtschaft/kritik-gesetz-geht-treuhaendern-zu-weit;art173,413105 Stand
12.03.2020
[5] vgl https://www.volksblatt.li/nachrichten/Liechtenstein/Politik/vb/242290/viele-fragen-zur-revision-des-treuhandergesetzeshasler-mit-offenem-ohr
[6] Eigengeschäft iSd des Abänderungsgesetz sind gem Art 3 Abs. 1 Bst. f (Hervorhebungen nicht im Original):
„Geschäfte, bei denen ein Eigeninteresse des Treuhänders oder der Treuhandgesellschaft aufgrund einer finanziellen, persönlichen oder geschäftlichen Beziehung oder eines Beschäftigungsverhältnisses besteht, wodurch der Verdacht nahe liegt, dass die Unabhängigkeit des Treuhänders oder der Treuhandgesellschaft gefährdet sein könnte.“
[7] vgl.https://bua.regierung.li/BuA/default.aspx?nr=132&year=2019&filter1=Vernehmlassungsbericht&backurl=modus%3dse arch%26filter1%3dvt%26filter2%3dVernehmlassungsbericht&sh=-1811429704 Seite 47
[8] vg.l.https://bua.regierung.li/BuA/default.aspx?nr=132&year=2019&filter1=Vernehmlassungsbericht&backurl=modus%3ds earch%26filter1%3dvt%26filter2%3dVernehmlassungsbericht&sh=-1811429704 Seite 49 – 50
[9] https://bua.regierung.li/BuA/default.aspx?nr=132&year=2019&filter1=Vernehmlassungsbericht&backurl=modus%3dsearc h%26filter1%3dvt%26filter2%3dVernehmlassungsbericht&sh=-1811429704